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LIMBURG | Post aus Rom bedeutet nicht immer Gutes. So auch jüngst. Eigentlich sollte es bei einem Podiumsgespräch im Kolpinghaus in Limburg „nur“ um die Weltsynode gehen. Doch dann war Anfang der Woche Post aus dem Vatikan im Briefkasten der Deutschen Bischofskonferenz gelandet, und dieser Brief hatte es in sich.

Aber der Reihe nach:

Wie weiter? Das ist die Frage, die Katholikinnen und Katholiken unter den Nägeln brennt. Wie kann die Katholische Kirche sich zukunftsfähig machen? Das diskutierten auf Einladung der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) und der Kolpingsfamilie Limburg Dr. Wolfgang Pax (Generalvikar im Bistum Limburg) und Prof. Dr. Thomas Söding (Vizepräsident im Zentralkomitee der deutschen Katholiken).

 

Weltsynode ist lebendiger Prozess

Letzterer war bei der Versammlung der Weltsynode im Oktober 2023 in Rom persönlich dabei. Einen Espresso konnte er mit Papst Franziskus leider nicht trinken, berichtete er, aber der Heilige Vater sei immerhin in wenigen Zentimetern Entfernung in seinem Rollstuhl an ihm vorbeigefahren, fügte Söding schmunzelnd hinzu. Die Atmosphäre in einem riesigen Saal im Vatikan, an großen runden Tischen sitzend und im Austausch mit unzähligen Teilnehmenden sei tatsächlich überaus beeindruckend gewesen. „Das war weit mehr als eine Therapiesitzung. Die Katholische Kirche ist immerhin sprachfähig“, betonte der Theologe weiter. Man habe vor Ort in Gesprächen die Vorbehalte gegen den Begriff „Synodalität“ (das Konzept des gemeinsamen Unterwegsseins) ausräumen können.

Zudem sei deutlich geworden, dass es weltweit drei zentrale Probleme der Kirche gebe: den Klerikalismus, die Ausgrenzung von Frauen und die Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. „Aber was auf der Welt gefordert wird, das stößt auf eine eigene Welt in Rom“, gab Söding zu bedenken. Pessimismus wollte er dennoch nicht aufkommen lassen, denn rasch betonte er, dass diesmal wirklich ein „anderer Spirit“ in Rom zu spüren gewesen sei.

Auch Generalvikar Dr. Wolfgang Pax griff diesen positiven Geist auf. „Welche weltweite Organisation traut sich, offene Debatten an runden Tischen zuzulassen?“, so Pax. Dass Menschen sich darauf eingelassen haben, je unterschiedliche Antworten auf Fragen zu finden und sich im Austausch auf Augenhöhe zu begegnen sei ein echter Meilenstein. Die Bereitschaft, drängende Fragen auf die Bühne zu heben und einen lebendigen Prozess anzustoßen, wertete der Generalvikar als großen Erfolg.

 

Intervention aus Rom

Den lebendigen Prozess gibt es auch beim Synodalen Weg in Deutschland. Noch einmal zur Erinnerung: Dieses Reformprojekt, das von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken ins Leben gerufen wurde, will die Kirche in Deutschland zukunftsfähiger und transparenter gestalten. Wichtiges Instrument dafür ist der Synodale Ausschuss, dem unter anderem die 27 deutschen Bischöfe angehören. Dieser Ausschuss soll sich weiter um bestimmte Reformthemen kümmern und schließlich in einen bundesweiten Synodalen Rat aus Bischöfen, Priester und Laien münden.

Aber nicht nur, dass vier Bischöfe die Finanzierung eines solchen Ausschusses ablehnen. Ganz aktuell wurden die Bischöfe kurz vor ihrer Frühjahrsversammlung in Augsburg per Post aus Rom gebeten, ihre Abstimmung über die Satzung des Synodalen Ausschusses von der Tagesordnung zu streichen. Die Bedenken aus dem Vatikan sind eindeutig: Ein Organ wie der Synodale Rat sei „vom geltenden Kirchenrecht nicht vorgesehen und daher wäre ein diesbezüglicher Beschluss der DBK ungültig – mit den entsprechenden rechtlichen Folgen“.

Tatsächlich wurde die Abstimmung von der Tagesordnung gestrichen – „zunächst“, wie Dr. Pax betonte.

Für viele Katholikinnen und Katholiken hierzulande ist der Brief der Kurienkardinäle aus dem Vatikan ein Paukenschlag. Manche raunen hinter vorgehaltener Hand gar das Wort „Schisma“, also die Spaltung der Kirche. 

Als der Moderator des Abends im Kolpinghaus, Johannes Schröer (stellvertretender Chefredakteur beim domradio), aus einem Facebook-Post des Essener Generalvikars Klaus Pfeffer zitierte, der von einer „überaus verfahrenen Situation“ spricht, von einer massiven Zuspitzung, spürte man die Betroffenheit der Zuhörenden intensiv. Johannes Schröer zitierte Pfeffer unter anderem mit den Worten: „Ich bin mit vielen anderen ratlos und zugleich auch traurig darüber, dass es uns innerkirchlich nicht gelingt, einen Weg des Miteinanders zu finden, der zugleich auch Pluralität und Vielfalt zulassen kann.“

 

„Kirche ist keine Pyramide“

Trotz dieser drastischen Intervention aus dem Vatikan und trotz der Ablehnung einiger weniger Bischöfe bleibt Dr. Pax zuversichtlich. Dass Machtfragen gestellt werden, finde er nicht weiter überraschend. Rund 13 Jahre lang leitete der Theologe in Wiesbaden das Kommissariat der Bischöfe im Land Hessen. Dort wie auch im Kontext Synodaler Weg sei eben auch die Positionierung wichtig. „Es wäre schön, wenn diese vier Bischöfe den Weg mitgehen. Es kann nicht sein, dass sie den breiten Konsens verhindern“, so der Generalvikar. Bedauerlich sei, dass die Kommunikation immer einen Hang ins Dramatische habe, dabei gebe es doch immer die Möglichkeit, einfach mal zum Telefon zu greifen und das Gespräch zu suchen.

Prof. Dr. Söding bemängelte, dass sich die Debatte zunehmend um die Befindlichkeit von Bischöfen drehe. „Dabei geht es doch um das Kirchenvolk. Und das stimmt mit den Füßen ab“, spielte er auf die steigenden Austrittszahlen aus der Katholischen Kirche an. Offenbar gebe es die Vorstellung, die Kirche sei eine Art Pyramide, auf der ganz oben, einem Pharao gleich, der Bischof throne. Das echte Leben spiele sich anders ab und Kirche müsse auch in dieses Leben eintauchen, so Söding.

 

Synodalität und Vertragstreue

Der Limburger Generalvikar betonte, dass im hiesigen Bistum bereits seit 55 Jahren eine Diözesanordnung in Kraft ist, die Synodalität in den Vordergrund stellt. Im Bistum Limburg sei man immer im Austausch und man versuche, gemeinsam künftige Wege zu gehen. Aber während man weltweit über die Form von Veränderungen streite, liefen die Katholikinnen und Katholiken scharenweise davon. „Wir machen es nicht besser, wenn wir die Schritte, die von uns erwartet werden, nicht gehen“, appellierte Pax. Auf die Frage aus dem Publikum, wie es nun nach dem lauten Stopp aus Rom mit dem Synodalen Rat weitergehe, machte der Vizepräsident des ZdK deutlich, man habe in seiner Organisation bereits die Satzung beschlossen und „wir erwarten das auch von der DBK. Wir werden nicht eine Art von Synodalem Rat light akzeptieren“ und der Ball liege nun bei der Deutschen Bischofskonferenz. Das ZdK erwarte weiterhin, dass der Synodale Ausschuss (der zum Synodalen Rat führt) bereits im Juni voll arbeitsfähig sei. Das ZdK sei vertragstreu und auf Verzögerungen werde man konstruktiv reagieren.

 

Gemeinsames Priestertum und Frauenweihe

Auf die Frage aus dem Publikum, warum das gemeinsame Priestertum der Gläubigen als ein Wesensmerkmal der Kirche nicht stärker in den Fokus rücke, merkte der Generalvikar an, dass dazu eine synodale Form gehöre. Eben jene könne in verschiedenen Regionen der Welt auch unterschiedlich gestaltet werden. Hier könne man in den jeweiligen Diözesen in multilaterale Aushandlungsprozesse gehen. Hinsichtlich der Frauenweihe sei es jedoch nicht so einfach, denn hier liege die Entscheidung nicht in den Bistümern. Wolfgang Pax sah jedoch drei Aspekte, die Hoffnung auf eine Lösung dieser Frage machten: erstens könne man immer alles ausschöpfen, was rechtlich bereits möglich sei. Zweitens gebe es Hoffnung auf eine Öffnung zum sakramentalen Diakonat für Frauen. Drittens sei die Erklärung von Papst Johannes Paul II aus dem Jahr 1994, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“ keineswegs als letztes Wort zu verstehen. Schließlich werde weiter diskutiert.

 

Weiter mit kleinen Schritten

Der bewegend geäußerten Befürchtung aus dem Publikum, die Katholische Kirche sei in zehn Jahren möglicherweise unbedeutend und „nur noch ein kleiner Verein“, wandten sich Pax und Söding entgegen. Es gehe immer weiter, möglicherweise nicht sehr schnell, aber die Kirche sei unterwegs.

Im Gespräch nach der Podiumsdiskussion merkte eine der anwesenden Limburgerinnen an, die Kirche fühle sich bisweilen so an, als laufe man mit Trippelschritten einen Marathon: das Ziel ist in Sicht, aber ob man es bis dahin mit wund gelaufenen Füßen schafft, ist ungewiss.

 

Die Veranstaltung war eine Kooperation der Kolpingsfamilie Limburg mit der Katholischen Erwachsenenbildung Frankfurt und der Katholischen Erwachsenenbildung Limburg und Wetzlar, Lahn-Dill-Eder (KEB).

 

Hintergrund:

Papst Franziskus hat die Weltsynode 2021-2024 einberufen. Der Papst sagt, dass die Kirche nur synodal funktionieren kann. Das heißt, mit Beratung der Mitglieder. Das Thema der Synode – also der Beratung – ist Synodalität. Hier konkret mit den drei Schwerpunkten: Gemeinschaft, Mission und Partizipation.

Die Weltsynode ist in drei Phasen aufgeteilt – dies soll den Dialog fördern:

Diözesane Phase (2021-2022), kontinentale Phase (Anfang 2023), globale Phase mit Generalversammlungen (Oktober 2023 + Oktober 2024)

In der ersten Phase gingen zehn Fragen an alle Bistümer weltweit. Die Beteiligung, also der Rücklauf der Fragen, war außerhalb Europas größer (in Deutschland: im unteren einstelligen Prozentbereich).

Die erste Generalversammlung der globalen Phase hat im Oktober 2023 in Rom stattgefunden mit insgesamt 464 Teilnehmenden: Bischöfe (unter anderem Dr. Georg Bätzing), Priester, Diakone, Ordensleute und erstmals auch ungeweihte Katholikinnen und Katholiken – z.B. auch Prof. Dr. Thomas Söding.

Obwohl eine Befassung mit dem Thema des Frauenpriestertums in mehreren Vorbereitungspapieren vorgeschlagen wurde, war es kein offizieller Beratungsgegenstand und fand auch im Abschlussdokument keine Erwähnung.

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